Die Berliner Kultur-Kirche St. Matthäus und die evangelische Kirchengemeinde in Klingelbach (Rheinland-Pfalz) erhalten den mit 2.500 € dotierten Gottesdienstpreis der Stiftung zur Förderung des Gottesdienstes.
In diesem Jahr fiel der Jury die Entscheidung für den Gottesdienstpreis besonders schwer. Sie entschied sich deshalb, den Preis erneut zu teilen und zwei Gottesdienste auszuzeichnen.
In der Berliner St. Matthäus-Kirche, Hauptwirkungsstätte der Stiftung St. Matthäus, wird seit zwei Jahren mehrmals im Jahr mit dem Gottesdienstformat LABORa in enger Kooperation mit der Künstlern aller Sparten und dem EKD-Zentrum für Gottesdienst- und Predigtkultur (Wittenberg) mit der Liturgie experimentiert. Beim ausgezeichneten Karfreitagsgottesdienst entfalteten die Lesungen aus der Passionsgeschichte in Verbindung mit musikalischen Impulsen und Ausdruckstanz eine ungeheure Dynamik. Neben den Lesungen der Leidensgeschichte Jesu wurden Texte aus Friedrich Nietzsches „Der tolle Mensch“ gelesen. Der verzweifelte Ruf Jesu „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ bekam eine neue Wendung: „Warum haben wir dich verlassen, Gott?“ wurde in der Eingangsliturgie und in der Predigt von Hannes Langbein gefragt. „Insgesamt ein Gottesdienst wie ein Kunstwerk“, fasst einer der Juroren seinen Eindruck zusammen.
Mit ganz anderen Mitteln ist es in der zur Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau gehörenden Kirche in Klingelbach gelungen, die Passionsgeschichte zu inszenieren. Zu den Stärken des von Pfarrerin Mariesophie Magnusson geleiteten Karfreitagsgottesdienstes zählte nach den Worten eines Jurymitglieds die durchdachte Verbindung aller Gottesdienste von Gründonnerstag bis Ostersonntag: „Das Abendmahlsgeschirr vom Gründonnerstag steht noch auf dem Altar, der an Karfreitag komplett leergeräumt und schwarz zugedeckt wird. Am Ostersonntag wird so der Neuanfang der Auferstehung Jesu sichtbar.“ Auch der Aufbau dieses Gottesdienstes bemerkenswert. Einem eher klassischen ersten Teil mit Schriftlesung, Credo, Bildpredigt (Argonauten von Anselm Kiefer) und Fürbitten folgt im zweiten Teil die durch Gesang und Inszenierung des Altarabräumens bewusst unterbrochene Passionsgeschichte. Die Gemeinde folgt Jesus auf seinem Gang bis ans Kreuz. Am Ende verlässt sie die Kirche in vollkommener Stille. Nicht einmal der Segen löst die so entstandene Spannung auf.
Die mit dem Gottesdienstpreis 2020 ausgezeichneten Karfreitagsgottesdienste wurden in den Jahren 2018 und 2019 begangen, entstammen also noch einer Zeit vor Corona. Dennoch wirkt das Gedenken an Jesu Kreuzigung in dieser Zeit hochaktuell. Seine Erfahrung der Gottverlassenheit bekommt im Angesicht des einsamen Sterbens in Krankenhäusern und Pflegeheimen einen geradezu tröstlichen Akzent.
Mitglieder der Jury sind:
Die beiden ausgezeichneten Gottesdienste finden Sie hier als PDF-Dokument zum Download: